In der Haushaltswoche habe ich heute meine erste Rede im Bereich Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gehalten. Die Rede kann hier angeschaut werden.
Die Rede im Wortlaut:
Die Zeitenwende ist auch verknüpft mit dem Blick auf alle Frauen, die in Kriegen und Gewaltherrschaften die sozialen Gefüge innerhalb einer Gesellschaft aufrechterhalten. Auch im Bunker mit Kindern, ohne Wasser, stets improvisierend und das Überleben sichernd. Es geht beim erweiterten Sicherheitsbegriff in der Tat um sehr viel mehr als die Abwesenheit von Krieg. Im Zentrum unseres Handelns und unserer Entscheidungen darf dabei nicht nur die Sicherheit von Staaten stehen. Priorität hat menschliche Sicherheit: Gesundheit, Bildung, Sicherung von Ernährung usw..
Feministische Entwicklungspolitik ist feministische Außenpolitik, ist feministische Infrastrukturpolitik, ist feministische Gesellschaftspolitik und bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als unsere zumeist von Männern dominierte Welt und ihre Verhältnisse kritisch zu reflektieren und zu verändern. Der große Entwurf ist eine gerechte Welt, in der wir in Frieden miteinander leben können. Frauen wollen diese Welt mitgestalten, sollen teilhaben an Entscheidungsfindungen und den Dialog zum Frieden mit führen.
Aber: Mädchen, Frauen, queere Menschen, Kinder, People of Colour und Menschen mit Behinderungen sind überall auf der Welt strukturell benachteiligt. Sie werden mehrfach auf unterschiedliche Art und Weise diskriminiert. Gleichzeitig erleben wir weltweit starke Veränderungsprozesse, die zumeist von jungen Frauen angeführt werden und die gewinnbringend in gesellschaftliche Prozesse eingreifen. Menschen machen Politik. Menschen gestalten Systeme. Es liegt folglich an uns Menschen, global die Menschenrechte durchzusetzen und allen Menschen ihr Recht auf Selbstbestimmung zu gewähren. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht nur gemeinsam mit uns Frauen.
Dieser Haushalt stellt einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar. Wir unterstützen in diesem Jahr UN Women mit insgesamt 18 Millionen Euro. Das ist eine Verdopplung des Ansatzes des ehemaligen Entwicklungsministers Müller. 25 Millionen Euro fließen in die Global Financing Facility für Frauen, Kinder und Jugendliche. Auch die Finanzierung für das kommende Jahr ist gesichert. Die letzte Bundesregierung hatte im Vergleich dazu übrigens die Streichung des Deutschen Anteils an der GFF vorgesehen.
Laut den aktuellen Zahlen liegen wir bei lächerlichen 2,2 Prozent aller öffentlich geförderten entwicklungspolitischen sowie außenpolitischen Projekte und Programme, die die Geschlechtergerechtigkeit zum Hauptziel haben. Unser Ziel ist ein stetiger Anstieg dieser Mittel, den wir über einen Maßgabenbeschluss für das BMZ gesichert haben. Der Vorgänger von Ministerin Schulze hatte dafür volle acht Jahre Zeit, um das genau zu tun. Hat er aber nicht. Das BMZ braucht Ressourcen zur Aufstellung der Gender-Kompetenzen. Bis zur Übernahme unserer Entwicklungsministerin hatte das BMZ noch nicht einmal ein eigenes Gender-Referat. Auch das wird nun endlich aufgebaut.
Mittelfristig brauchen wir Gender-Kompetenzen in jeder Abteilung des BMZ und - das sag ich selbst - übrigens auch in jedem Ministerium. Gesellschaftliche Veränderungen in politische Prozesse einzubinden und entsprechend zu handeln, sind nach 16 Jahren Stillstandspolitik wahrlich nach nur einem halben Jahr schwerlich möglich.
Der entwicklungspolitische Haushalt 2022 macht deutlich, dass wir diese Aufgabe jetzt endlich mit progressivem Schwung anpacken.