Was sind die aktuellen Probleme an der Nordseeküste und auf den Nordsee-Inseln? Welche Maßnahmen sind notwendig und realistisch? Wie können die Kosten für Klimafolgen gestemmt und gerecht verteilt werden? Um diese und weitere Fragen ging es bei einem Austausch der Oldenburger Bundestagsabgeordneten Susanne Menge, u. a. Sprecherin für die Themengebiete Seehäfen und Schifffahrt der Grünen Bundestagsfraktion, mit politischen Akteur*innen aus den Räten und Kreistagen der Nordseeinseln und der ostfriesischen Küste sowie Forscher*innen des Instituts für die Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg.
Die Probleme an der Küste und auf den Inseln sind komplex. Die Kosten für Deicherhaltung und notwendige Ausbaumaßnahmen sowie Sandspülungen und -Verklappung sind enorm und können von den Ländern und Kommunen nicht allein gezahlt werden – und dabei reichen nach Ansicht der kommunalen Akteur*innen diese Maßnahmen bei Weitem nicht aus, um die Küste langfristig zu schützen.
Eines der vielen angesprochenen Probleme war auch der unzureichende Zustand der Schöpfwerke an der Küste und die Verkürzung der Sielzeiten. Um ausreichend Überflutungsflächen bereitzustellen, die den Klimafolgen wie dem steigenden Meeresspiegel und zunehmendem Starkregen gerecht werden können, benötigt es Gelder. Die Anwesenden hoffen auf Unterstützung aus dem Bund.
Die Politiker*innen und Engagierten an der Küste sind sich einig: Die nächste starke Sturmflut wird kommen. Derzeit sei der Katastrophenschutz an der Nordseeküste nicht darauf vorbereitet und bei der Vielzahl an Problemen renne die Zeit davon.
„Küsten- und Meeresschutz muss nicht nur als eine Aufgabe des Umweltschutzministeriums, sondern als eine Aufgabe aller Ministerien verstanden werden,“ sagt Susanne Menge.
„Wir benötigen auf Bundesebene einen Expert*innen-Rat, der einen langfristigen Maßnahmenplan erarbeitet. Der Bund sollte diese Aufgabe nicht hauptsächlich den Kommunen und Küstenländern überlassen, mit der Folge, dass die finanziellen Mittel nicht ausreichen und Maßnahmen nicht zielführend ineinandergreifen.“
Im Anschluss an den politischen Austausch begleitete Susanne Menge die beiden Forscher Dr. Thomas Badewien und Kai Schwalfenberg vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM), Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg, zu Forschungsstationen vor und auf Spiekeroog.
Methodisch überzeugend war für Susanne Menge die Umsetzung der Transdisziplinarität. Alle Akteur*innen, von Wassersportler*innen, denjenigen, die Fischfang betreiben oder vom Tourismus leben bis hin zu politisch Verantwortlichen und engagierten Umweltschützer*innen der Zivilgesellschaft werden einbezogen, um gemeinsam mit Wissenschaftler*innen Ideen zum Schutz der Küste und der Inseln zu erarbeiten.
Außerdem betreibt das ICBM auf und vor Spiekeroog Grundlagenforschung, um das Wattenmeer und die Nordsee besser zu verstehen. Ziel der Forschung ist u. a., alternative Wege für den Küstenschutz zu finden, die im Einklang mit den Besonderheiten des Wattenmeeres stehen. Das Institut steht dabei auch im engen Austausch mit den Niederlanden, die uns in Sachen Meeres- und Klimaschutz in den Augen der Forscher weit voraus sind.
Wie kann es gelingen, Küsten- und Meeresschutz als soziale und ökologische Aufgabe im Interesse der Gesamtgesellschaft und der Wirtschaft in das Bewusstsein der Menschen, zunächst der Deutschen, zu rücken? Können Reallabore wie das Projekt „Gute Küste Niedersachsen“ der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg dabei helfen? Susanne Menge ist sich sicher:
„Um diese und weitere wichtige Fragen zu beantworten, brauchen wir auf Bundesebene einen Expert*innenrat, der sämtliche Akteur*innen sowie Expert*innen aus den Niederlanden einbezieht. Wir müssen in 50 Jahren sagen können, dass wir hinsichtlich Katastrophen-, Küsten- und Meeresschutz ein gutes Konzept hatten.“