Die Ergebnisse des Koalitionsausschusses zeigen: Gerade im Bereich Verkehr bleibt Klimaschutz für zwei Koalitionspartner ein Lippenbekenntnis. Susanne Menge, Bundestagsabgeordnete der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für den Wahlkreis Oldenburg-Ammerland und Obfrau im Verkehrsausschuss, nimmt dazu Stellung:
„Auf der Habenseite steht für mich, dass der Finanzierungskreislauf Straße endlich aufgelöst wurde.“ Ab 2024 soll die CO2- Komponente der LKW-Maut angehoben werden. Die Tonne CO2 wird demnach 200 € kosten. Pro Jahr könnten dadurch rund 5 Mrd. Euro eingenommen werden, die zum Großteil in die Erhaltung sowie den Aus- und Neubau des Schienennetzes investiert werden sollen. Bis 2027 könnten so aus der LKW-Maut insgesamt 20 Mrd. Euro in das Bahnnetz fließen.
„Damit können wir den dringend erforderlichen Ausbau des Schienennetzes endlich nach vorne bringen. Für schnellere und bessere Reiseverbindungen, mehr Personen- und Güterverkehr auf der Schiene sind zahlreiche Aus- und Neubauvorhaben notwendig, die langfristig eine kontinuierliche anwachsende Finanzierung brauchen. Mit der Auflösung des Finanzierungskreislaufes Straße machen wir einen wichtigen Schritt für ein leistungsfähiges Schienennetz. Das ist eine gute Nachricht für Fahrgäste und Güterkunden der Bahn“, so Susanne Menge. „Die zusätzlichen Einnahmen durch die LKW-Maut fließen endlich nicht mehr allein in das Autobahnnetz.“
Deutlich kritische Worte findet Susanne Menge zu der möglichen Planungsbeschleunigung für Ausbauvorhaben im Autobahnnetz. Für 34 Ausbauvorhaben, die sich in 144 Genehmigungs- bzw. Planfeststellungsabschnitte gliedern, wird „zur Engpassbeseitigung das überragende öffentliche Interesse“ festgeschrieben. Susanne Menge sagt dazu:
"Ein Ausbau des Autobahnnetzes ist nicht mit den Klimaschutzzielen vereinbar. Es handelt sich hierbei um einen schmerzlichen Kompromiss mit zwei Koalitionspartnern, die sogar noch mehr Projekte beschleunigen wollten."
Die Grüne Verkehrspolitikerin betont, dass es sich bei den im Ergebnispapier genannten Abschnitten nur um Ausbauprojekte handelt. Der Neubau von Autobahnen wie z. B. der A 20 im Ammerland werde dadurch nicht beschleunigt.
Eine letzte Möglichkeit der Einflussnahme auf den beschleunigten Ausbau bleibt: Im Ergebnispapier ist eine „Länderklausel“ aufgeführt. Die Landesverkehrsminister*innen müssen die in ihren Ländern liegenden Ausbauprojekte also aktiv als „Ausbau von überragendem öffentlichen Interesse" melden. Es bestehen insbesondere bei einigen Straßenbauvorhaben in Nordrhein-Westfalen erhebliche Vorbehalte, z. B. beim geplanten acht-streifigen Ausbau der A 3.
Das fehlende Bekenntnis der Koalitionspartner zum Klimaschutz spiegelt sich auch in der Aufweichung des Klimaschutzgesetzes wider.
„Künftig werden definitiv andere Sektoren dafür büßen müssen, dass das Verkehrsministerium keine geeigneten Maßnahmen zur Emissionssenkung liefert“, sagt Susanne Menge.
Außerdem können wirksame Maßnahmen noch weiter verzögert werden, weil reale Ergebnisse nicht mehr jahresscharf geliefert werden müssen. Statt vollständiger Vermeidung wird es nun zum Ausgleich sogenannter „unvermeidbarer Emissionen“ auch CO2-Abscheidung aus der Luft und Speicherung (DACCS) geben.
Auch die Passagen zum Flugverkehr kritisiert Susanne Menge: „In Bezug auf den Zeitrahmen und das adressierte Verkehrssegment ist die Überschrift ‚Klimaneutrales Fliegen‘ völlig absurd und nichts anderes als werbewirksames Framing.“ Bis 2030 soll z. B. die Klimawirkung der Luftfahrt durch die im Luftfahrtforschungsprogramm Klima entwickelten Technologien signifikant verringert werden. „Das bleibt ohne weitere Präzisierung nur ein frommer Wunsch“, so die Verkehrsexpertin weiter.
Die geplante Unterstützung des E-Fuel-Hochlaufs könnte auch dem Luftverkehr zugutekommen. Das setzt allerdings voraus, dass für den Luftverkehr nennenswerte Mengen übrig bleiben. Die Beschleunigung des Hochlaufs von E-Fuels ist dagegen vor allem für den Straßenverkehr vorgesehen. Bedenklich ist für Susanne Menge, dass der Luftverkehr im gesamten Abschnitt „Verstärkte Nutzung des Potenzials synthetischer Kraftstoffe“ mit keinem Wort erwähnt wird. Denn im Gegensatz zum Straßenverkehr gibt es im Luftverkehr bis auf weiteres keine Antriebsalternativen.
Zeitgleich mit erscheinen des Papiers der Koalition gab die FDP ein eigenes Papier heraus, in dem sie ihre Erfolge feiert. Ursprüngliche und jetzt abgewendete Initiativen, die erkennbar den Grünen zuzuordnen sind, werden darin als „Planwirtschaft“ diffamiert. Susanne Menge findet dazu abschließend klare Worte: „Was für ein schmutziges Spiel.“