Quer durch Deutschland, ab Karlsruhe sogar über die französische Grenze in das schmucke Städtchen Wissembourg, und das alles für 49 Euro. Statt komplizierter Ticketkäufe mit unterschiedlichen Tarifregionen für Bus, Straßenbahn und Bahn im Nahverkehr können wir jeden Automaten nutzen. Auch, wenn dieser Aspekt absolut ausbaufähig ist, kann man das Ticket auch digital lösen.
Der Ampel-Koalition ist somit die größte Tarifrevolution der bundesdeutschen Geschichte gelungen.
Ein paar Zahlen: Ca. 11 Mio. Fahrgäste nutzen monatlich das Angebot (auf Basis von VDV-Zahlen). Käuferinnen und Käufer sind zu 42 Prozent Personen, die schon vorher ein ÖPNV-Abo hatten, 47 Prozent haben zwar vorher Bus und Bahn genutzt, besitzen aber nun erstmals ein Abo, 8 Prozent haben den ÖPNV vorher nicht genutzt. 5 Prozent der Fahrten mit 49-Euro-Ticket wären ohne Ticket mit dem Auto unternommen worden. Als Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßen wir, dass die Ministerpräsidentenkonferenz sich auf eine Fortführung in 2024 verständigen konnte.
Das Ticket wird derzeit zu gleichen Teilen von Bund und Ländern finanziert. Es entlastet viele Menschen in Deutschland finanziell deutlich. Verlagerungseffekte vom privaten Pkw in den Bus oder die Bahn unterstützen klimaschützende Maßnahmen.
Aber nicht allein das Deutschlandticket und der Preis machen das Bus- und Bahnfahren attraktiver, sondern dazu gehören hohe Investitionen in die gesamte Infrastruktur eines Nahverkehrs. Verlässliche und mindestens halbstündige Takte im ländlichen Raum sowie kombinierte Angebote gehören ebenso dazu wie eine gut funktionierende Digitalisierung.
Diese Investitionen sind viele Jahre in Deutschland absolut vernachlässigt worden. Auch die Länder haben sich nur dort, wo die städtebauliche und verkehrliche Infrastruktur auf den Pfad einer grünen und umweltverträglichen Richtung geführt wurde, diesen Aufgaben konsequent gewidmet.
Ein Sammelsurium an Verkehrsverbünden mit eigenen Tarifstrukturen, komplizierte Ticketkäufe und hohe monatliche Preise für Pendler:innen, viel zu geringe Investitionen der Länder für eine grundlegende Reform und Verbesserung ihres Nahverkehrs und eines Angebots über Ländergrenzen hinweg sind der Status Quo in Deutschland. Insofern hat der Verkehrsminister nicht unrecht, wenn er die Länder zu mehr Engagement ermuntert.
Aber er hat unrecht an dem Punkt, dass der Bund nicht mehr in die Finanzierung eines guten und bezahlbaren Nahverkehrs für alle Menschen investieren müsse.
Gut ist deshalb, dass nach einem monatelangen Hin und Her die Finanzierung im nächsten Jahr beschlossen werden konnte:
- 1. Nicht vollends ausgeschöpfte Mittel zur Finanzierung des 49-Euro-Tickets erlauben es nun, durch eine Änderung des Regionalisierungsmittelgesetzes diese Restmittel auf das Folgejahr 2024 zu übertragen.
- 2. Aktuelle Prognosen der Verkehrsunternehmen sprechen allerdings dafür, dass die notwendigen Mittel zur Stabilisierung des Ticketpreises im Jahr 2024 höher liegen könnten. Die Ministerpräsident:innen haben eine Spitzabrechnung der Mittel in 2023 und 2024 vereinbart, die gesetzlich festgeschrieben werden soll.
- 3. Hinzu kommt, dass die Verkehrsministerkonferenz ein Konzept zur Durchführung des Deutschlandtickets bis Mai 2024 vorlegen soll.
Unsere Forderungen bleiben:
- 1. Der Ticketpreis soll in 2024 stabil bei 49 Euro bleiben.
- 2. Studierende, Auszubildende und Familien mit Kindern müssen in die Preisgestaltung einbezogen werden.
- 3. Deutschland hat eine Verpflichtung zur Daseinsvorsorge mit guter Mobilität in Bus und Bahn zu gewährleisten.
- 4. Schnelle Vereinbarung zur Finanzierung des Tickets als dauerhaftes Angebot.
- 5. Abbau klimaschädlicher Subventionen wie z. B. des Dienstwagenprivilegs erreichen.
Das Defizit, über das die Länder mit dem Bund zur Fortführung des Tickets streiten, beläuft sich derzeit auf knapp 400 Mio. Euro. Zum Vergleich: Der absolut umstrittene Bau des Riederwaldtunnels in Frankfurt hat eine reine Baukostensteigerung im Jahr 2023 von über 477 Mio. Euro erfahren. Reine Baukosten liegen nun bei 1,5 Mrd. Euro.