Bei der ersten Beratung im Bundestag zum Genehmigungsbeschleunigungsgesetz am 22. Juni 2023 betonte Susanne Menge MdB die immense Verantwortung für kommende Generationen.
Um Deutschland auch im Verkehrssektor auf Klimaschutz-Kurs zu bringen, benötige es nun endlich zwei Dinge: Ein Konzept zur Priorisierung der Verkehrsprojekte, dass sich an klaren Zielen orientiert, und die Fachkräfte, um dieses Konzept umzusetzen.
Wir entscheiden für Generationen, die sich mit den Folgen unserer grenzenlosen Wirtschafts- und Lebensweise auseinandersetzen müssen. - Susanne Menge MdB
Die Videoaufzeichnung der vollständigen Rede finden Sie hier.
Die Rede im Wortlaut
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stehen in der Verantwortung nachfolgender Generationen. Deswegen müssen wir um die verkehrlich besten Lösungen ringen; Lösungen, die für die nächsten Jahrzehnte tragfähig sind. Auswirkungen der Klimakrise und des Artensterbens sind in unserem Land immer stärker spürbar. Deshalb müssen wir uns in der Verkehrsinfrastrukturpolitik des Bundes endlich den nicht länger aufschiebbaren Fragen stellen: Welche Verkehrsinfrastrukturprojekte brauchen wir dringend, und für wen sind sie von großem Nutzen?
Eine Antwort auf diese Frage hat uns Anfang Mai die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, noch einmal deutlich ins Stammbuch geschrieben: Beim Klimaschutz im Verkehr sei Deutschland nicht auf Kurs. Deutschland müsse bei der Senkung seines Treibhausgasausstoßes deutlich schneller werden. Die öffentlichen Investitionen in die Schieneninfrastruktur müssten erhöht werden, so die OECD in ihrem Umweltprüfbericht.
Deshalb ist es vollkommen richtig, dass wir jetzt für alle Vorhaben des Bedarfsplans Schiene und des Deutschlandtaktes das überragende öffentliche Interesse feststellen, um die Schiene zum Rückgrat der Verkehrswende zu machen.
Zur Wahrheit gehört auch, dass wir neben 312 Schienenprojekten auch für bis zu 38 Ausbauvorhaben im Autobahnnetz das überragende öffentliche Interesse feststellen. Immerhin: Die Beschleunigung beschränkt sich bei der Straße auf Ausbauvorhaben im hochbelasteten Kernnetz. Wir priorisieren den Autobahnausbau vor dem Neubau. Die Konzentration des überragenden öffentlichen Interesses auf reine Ausbauvorhaben kann die Initialzündung für eine sinnvolle wie überfällige Priorisierung der fast 1 000 Straßenbauvorhaben des Bundesverkehrswegeplans sein.
Denn: Glaubt jemand ernsthaft, dass ein Land, das 2023 bereits am 4. Mai den Erdüberlastungstag erreicht hat, noch fast 1 000 Straßenbauprojekte braucht, geschweige denn diese klimapolitisch verkraftet?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die zentralen Anliegen des Genehmigungsbeschleunigungsgesetzes können nur dann zur Entfaltung kommen, wenn zwei flankierende Maßnahmen jetzt auch vorbereitet werden: Erstens. Wir brauchen ein Konzept zur Priorisierung der Verkehrsprojekte. Wir brauchen Kriterien, die sich nicht länger an Sichtweisen aus dem letzten Jahrhundert orientieren, sondern an Zielen, zum Beispiel an Verkehrsverlagerungspotenzialen, oder an Zielen für Gesundheitsschutz und anderen.
Zweitens. Wir brauchen Fachkräfte. Diese wiederum brauchen eine gute Ausbildung, die den modernen und sozial-ökologischen Blick schärft und mithilft, die Verkehrswende hinzubekommen. Wir entscheiden für Generationen, die sich mit den Folgen unserer grenzenlosen Wirtschafts- und Lebensweise auseinandersetzen müssen.
30 bis 50 Prozent der kohlenstoffspeichernden Ökosysteme müssen renaturiert werden, um die Grenze von bis zu 1,5 Grad Erwärmung nicht zu reißen, so der Weltklimarat in seinem letzten Bericht.
Es verbietet sich daher doch längst, 160 Kilometer Moorfläche zum Beispiel für die A 20 zu asphaltieren.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Beschleunigung von Wasser-, Straßen- und Schienenprojekten setzt die Konzentration knapper Planungsressourcen auf die wichtigsten Projekte voraus.
Im nächsten Jahr soll die Überprüfung der Bedarfspläne abgeschlossen werden. Sie muss aus unserer Sicht zwingend mit einer klimapolitisch sinnvollen Prioritätensetzung und der Reihung von Vorhaben verknüpft werden.
Die Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung ist ein Marathon, auch vor dem Hintergrund fehlender Fachkräfte im Planungs- und Ingenieurssektor. Wir geben mit der Beschleunigung den Startschuss für eine neue Etappe. Lassen Sie uns gemeinsam durchs Ziel laufen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.