In ihrer Rede betont Susanne Menge: "Wir leben hier in Deutschland nicht in einem Vakuum. [...] Wir sind in dieser Welt global miteinander verbunden. Es hat Auswirkungen auf uns, wenn woanders auf der Welt etwas passiert. Andersherum hat unsere Lebensweise hier massive Auswirkungen auf Länder des Globalen Südens."
Die vollständige Rede in Bild und Ton finden Sie außerdem hier [externer Link, bundestag.de].
Die Rede im Wortlaut:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Lassen Sie mich mit einer Feststellung beginnen, die für manche wohl überraschend sein wird: Wir leben hier in Deutschland nicht in einem Vakuum. Es gibt nicht nur Deutschland, auch wenn in der letzten Zeit in der Öffentlichkeit gerne dieser Eindruck in Bezug auf Entwicklungspolitik erweckt wurde. Bevor ich zum Haushalt komme, möchte ich an dieser Stelle hervorheben, warum wir die Entwicklungszusammenarbeit als eine starke Säule unserer Demokratie brauchen.
Wir haben eine internationale Verantwortung und Verpflichtung, uns für Frieden und Sicherheit auf dieser Welt einzusetzen: aufgrund unserer Geschichte, aufgrund unseres Wohlstands und weil wir eine Demokratie sind. Wir sind in dieser Welt global miteinander verbunden. Es hat Auswirkungen auf uns, wenn woanders auf der Welt etwas passiert. Andersherum hat unsere Lebensweise hier massive Auswirkungen auf Länder des Globalen Südens.
Unser Reichtum in Deutschland und in anderen Industriestaaten auf der Welt verpflichtet uns, immer wieder Kraftanstrengungen zu unternehmen, diese Welt gerechter zu machen.
Das ist eine internationale Verpflichtung, die sich unter anderem im Klimaabkommen und in den 17 Nachhaltigkeitszielen widerspiegelt. Man kann, wie die Nationalistinnen und Nationalisten und Rechten im Land es propagieren, diese Verantwortung negieren. Sie löst sich dadurch nicht auf.
Nehmen wir die Klimakrise. Ja, es gibt die globale Klimakrise, und – oh, welche Überraschung! – diese können wir nicht alleine bewältigen. Brennende Wälder in den USA und Australien, erst Dürre und dann Überschwemmungen in Kenia, 50 Grad Celsius in Marokko und Mexiko, die Überflutungen im Ahrtal, die Sturmfluten an den Küsten und das Hochwasser zum Jahreswechsel haben wir nicht vergessen. Diese Katastrophen und Krisen sind global. Wir lösen sie auch nur global.
Das heißt, dass wir auf internationale Zusammenarbeit angewiesen sind. Denn egal wo wir das Klima auf dieser Welt schützen: Wichtig ist, dass es passiert.
Das Narrativ „Wir geben anderen Menschen außerhalb Deutschlands Geld und müssen dafür zu Hause den Gürtel enger schnallen“ ist schlichtweg falsch.
Diese rechte Hetze schürt bewusst Ängste und macht Neiddebatten auf, die in die Irre führen. Sie spielen die Bauern hier in Deutschland gegen Kleinbauern in Ländern des Globalen Südens aus. Das ist absurd, und es ist ein Nullsummenspiel.
Es liegt im deutschen Interesse, Partnerschaften international aufzubauen und zu fördern. Es liegt im deutschen Interesse, globalen Problemen wie Pandemien oder Konflikten international vorzubeugen. Und es liegt im deutschen Interesse, in den internationalen Klimaschutz zu investieren.
Deutsche Entwicklungspolitik – oder besser gesagt: globale Strukturpolitik – fängt bei uns auch ganz lokal in Oldenburg oder Westerstede an, und sie geht weit über internationale Zusammenarbeit hinaus. Es geht nicht um ein Gegeneinander, sondern es geht immer um ein Miteinander, von dem wir alle profitieren.
Diejenigen hier im Hause, deren Sichtweise sich nicht auf den eigenen kleinen Kosmos beschränkt, sollten sich einig sein, dass wir angesichts der weltweiten Krisen und Kriege eigentlich mehr Mittel in internationale Zusammenarbeit investieren müssten. Der Etat des BMZ – das gehört zur Wahrheit dazu – ist im Verhältnis zu den Zielvorgaben des Koalitionsvertrags am deutlichsten von den Sparplänen der Bundesregierung betroffen.
Unter dem Druck des Verfassungsgerichtsurteils und auf Basis der haushaltspolitischen Architektur stellen die Kürzungen im BMZ vor allem unsere starken zivilgesellschaftlichen Organisationen vor riesengroße Herausforderungen. Wir müssen jetzt – dazu sind wir nach Karlsruhe aufgefordert – im vorhandenen Rahmen alle Chancen für eine zukunftsfähige Entwicklungszusammenarbeit ausschöpfen. Dieser Verantwortung nicht nachzukommen, liegt nicht in unserem Interesse.
Ich danke Ihnen fürs kritische Zuhören.